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Nicht der muslimische Nachbar ist schuld

In Ägypten wurden heute christliche Kopten ermordet, Anfang der Woche in Manchester Jugendliche, die einfach nur gemeinsam mit ihrem Idol feiern wollten und in Afghanistan und Syrien sterben tagtäglich Muslime. Die Liste lässt sich leider nach Belieben fortsetzen. Die Gewaltspirale auf der Welt scheint kein Ende zu haben. Unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrer Religion, waren es unschuldige Menschen, die bei diesen terroristischen Attentaten ihr Leben verloren. Ich trauere um die zahlreichen Opfer des Terrors. Meine Gedanken sind bei den Verletzten und den Angehörigen der Verstorbenen. Ich bin mir dessen bewusst, dass derartige Trauerbekundungen wie einstudierte Floskeln klingen, aber es ist einfach schwierig, die Trauer und den Frust in andere Worte zu fassen. So finster die Stunde auch ist, wir dürfen uns als Gesellschaft nicht auseinander dividieren lassen. Solidarität und Zusammenhalt sind mehr denn je gefragt. Leider führt die aktuelle öffentliche Diskussion in eine komplett andere Richtung. Menschen, die seit Jahre lang friedlich miteinander gelebt haben, werden für politische Zwecke gegeneinander ausgespielt. Medien und Populisten tragen ebenso dazu bei, dass die Stimmung kippt, und gießen weiter Öl ins Feuer.

Millionen Musliminnen und Muslime, die seit Jahrzehnten in Europa leben und sich nichts zu Schulden kommen haben lassen, werden nun wieder aufgrund der Gräueltaten von Mördern und Wahnsinnigen, mit denen sie nichts zu tun haben, an den Pranger gestellt. Statt die muslimischen Nachbarn, die nebenan wohnen oder im selben Betrieb arbeiten, für diesen grausamen Terror verantwortlich zu machen, sollten wir die tatsächlichen Täter, nämlich jene die zu Gewalt, Extremismus und Terror aufrufen, zur Rechenschaft ziehen.

Man kann sich aber als Muslim in der derzeitigen Situation nicht zurücklehnen und sich einfach darauf berufen, dass man mit dieser Gewalt gar nichts am Hut hat – das wäre eindeutig zu kurz gegriffen. Ich erwarte mir von den muslimischen Institutionen und Vereinen neben klaren Statements auch ganz konkrete Projekte gegen Radikalisierung und Extremismus. Dabei geht es mir nicht um verbale Distanzierung, sondern überzeugten Aktionismus. Ich bin auch davon überzeugt, dass diese Maßnahmen nur in Kooperation mit diesen Institutionen und den österreichischen Behörden funktionieren können. Leider hat man aber in diesem Zusammenhang auf beiden Seiten viel zu lange untätig zugesehen und statt aufeinander zuzugehen, entfernt man sich immer weiter voneinander.

Was ist unsere Antwort auf diesen Terror, auf diese sinnlose Gewalt? Der ehemalige norwegische Premierminister Stoltenberg sagte im Jahr 2011 nach dem Anschlag vom rechtsextremen Massenmörder Anders B. Breivik bei dem 69 Menschen auf der Insel Utoya starben: „Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein“. Natürlich ein eindeutiges „Ja“ zu einer offenen Gesellschaft, aber das heißt nicht, dass man mit Naivität an die Sache herangeht. Wir müssen alle gemeinsam mit geeigneten Mitteln gegen Extremismus jeglicher Art in unserer Gesellschaft – sei es rechter, linker oder religiöser Natur – ankämpfen. Demokratische Errungenschaften, wie beispielsweise die Meinungs- und Glaubensfreiheit müssen jedoch außer Streit stehen. Ich warne vehement davor, voreilige Schlüsse zu ziehen und mühsam errungene Freiheiten kurzerhand zur Disposition zu stellen. Ist das nicht genau das, was diese Terroristen erreichen wollen, um aus der daraus resultierenden beklemmenden Stimmung neue Rekruten für ihre Hassideologie zu gewinnen? Nur gemeinsam können wir diesem Grauen Einhalt gebieten.

Um Benjamin Franklin zu zitieren: „„Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren“.

Lassen wir es nicht soweit kommen!

Tarik Mete
Tarik Mete
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