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Die Silencing Maschinerie in Ägypten und die Ähnlichkeit zum antimuslimischen Diskurs in Österreich – El Rami

4 Jahre lang. 4 Jahre lang war es mir nicht gestattet, nach Ägypten zu fliegen, meine Familie und FreundInnen zu sehen. Ein Mittelsmann der ägyptischen Regierung in Österreich ließ mir freundlicherweise ausrichten, ich solle lieber nicht ins Land meiner Eltern einreisen, sonst wäre „das Licht am Flughafen, das letzte Licht das ich erblicken würde“. Meine Mutter, die es gewohnt war, dass ich sie Jahr für Jahr begleitete, hat bei jeder Ticketbuchung geweint. Ebenso bat sie mich Jahr für Jahr darum, doch endlich mit „Allem“ aufzuhören. „Allem“ – das war meine öffentliche Kritik am ägyptischen Militärregime. An willkürlichen Verhaftungen und Todesurteilen, Folter und Unterdrückung, Verarmung, Korruption und an der Verfolgung von Andersdenkenden.

Eine Freundin, die am Flughafen arbeitet und schon etliche AktivistInnen von „der Liste“ entfernt hatte, meinte zu mir, dass ich auf einer Liste stehe, auf der sie keinen Zugriff habe und riet mir, nicht zu kommen. Es war die Liste der „Unterstützer von Terrororganisationen“. Gemeint war damit die Muslimbruderschaft. Für uns hier, die Verkörperung des „politischen Islam“. In Ägypten sind alle Muslimbruderschaft, die gegen das Regime protestieren. Leute die ich kenne, die etwa säkularen Jugendbewegungen angehören, sitzen seit Jahren im Gefängnis. Ohne Prozess aber mit „Verdacht auf Unterstützung einer Terrororganisation“. Dass diese Diffamierungs – und Deligitimierungsversuche in einem autoritären Staat wie Ägypten funktionieren, wundert überhaupt nicht. Sie dienen dazu, die Personen zum Schweigen zu bringen, sie ruhig zu stellen.

Meinen ersten Schock diesbezüglich habe ich dann in Österreich mit den ersten Vorwürfen aus der „linken“ Ecke erlebt. „Ali steht in einem Verhältnis zur Muslimbruderschaft“ hieß es. Wenig überraschend, nachdem ich öffentlich Kritik an einigen Herrschaften äußerte. Ja, anderes Land und man würde meinen, hier sollte es so etwas eigentlich nicht geben aber das Prinzip, die Motivation der AkteurInnen ist absolut gleich. Jede (muslimische) Stimme, die im öffentlichen Diskurs zu laut wird und von den Diskursherrschenden als unangenehm empfunden wird, wird auf dieselbe Art bekämpft, wie es in autoritären Staaten der Fall ist. Mit Sachlichkeit hat das nichts mehr zu tun, es geht ausschließlich um Diffamierung und Delegitimierung. So schnell kann man gar nicht schauen, da ist man schon Islamist, Lobbyist des politischen Islam, Erdoganist und/oder Teil der türkischen Lobby.

Das Perverse daran ist nicht nur, dass solche Angriffe hier in Österreich möglich sind und auch als Mittel zum Silencing eingesetzt werden, nein. Das Perverse daran ist, dass sie am häufigsten aus der Ecke kommen, die mittlerweile zu einer selbstgerechten und pseudo-liberalen Blase mutiert ist. Sie bezeichnen sich als „links“. Den Rassismus aus der rechten Ecke, den bin ich gewohnt. Jener aus der linken kommt aber wesentlich latenter – zum Teil auch weil behauptet wird, man wäre als LinkeR ja selbstverständlich gefeit vor rassistischen Gesinnungen und Handlungen.

Deshalb und auch wenn ich nicht selten unterschiedlicher Meinung mit ihr bin: Vollste Solidarität mit Dudu Küçükgöl, die gerade auf übelste Art und Weise angegriffen wird. Blöd nur, dass sie sowas nicht zum ersten Mal erlebt und sich deshalb auch zu verteidigen weiß.

El Rami

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