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1986-2017 „Peter Pilz“

Wenn ich die Beiträge seit gestern zu Peter Pilz lese, denk ich nur: dann ist den Grünen eh nicht mehr zu helfen, da die ganzen Prozente bisher offenbar von ihm abhängig waren.

Es liest sich so, als ob die Grünen genau deshalb jetzt Geschichte werden würden. Sorry, aber eine Partei oder Bewegung, die mit einer Person zu stehen und fallen vermag, ist mir persönlich sowieso zu suspekt. Und wenn Peter, der Aufdecker und Hartnäckige (z.B. Eurofighter), keinen Nachwuchs aufziehen konnte (in 30!!! Jahren), dann trifft ihn auch die Schuld. Denn früher oder später wäre er gegangen. Sei es aus gesundheitlichen Gründen, weil er in Pension gegangen oder eben gestorben wäre. Dass er an der innerparteilichen Basisdemokratie scheitern würde, hätte ich mir auch nicht ausmalen können.

Wenn es jetzt in der ganzen Partei keine einzige weitere Person geben sollte, die von nun an in U-Ausschüssen hartnäckige und genaue Oppositionsarbeit leisten könnte, dann ist dieser Partei eben nicht zu helfen.

Seiner Person sowie seinem Abgang stehe ich neutral gegenüber. Habe weder zu ihm noch zu den Grünen eine emotionale oder nostalgische Verbindung, sodass der sentimentale Part bei mir einfach nicht existent ist. Jedoch lese ich aus vielen Kommentaren eben solch eine Sentimentalität und nichts weiter heraus. Und persönlich habe ich genug von solcher Sentimentalität.

Irgendwann wäre es eh vorbei gewesen und ja, seine Bespitzelung und die Kooperation mit Strache gegen Türk_innen wird sein Ende beschleunigt haben, jedoch hat er sich selbst da hineinmanövriert. Wie nennt man das, wenn eine bestimmte Gruppe herausgepickt und zur Zielscheibe wird? Hat er der AKP und Erdogan damit schaden können? Wer hat denn die Probleme bekommen? Eben idR jene, die er, so im Wortlaut, „beschützen“ wollte. Das ist in genau entgegengesetzte Richtung losgegangen.

Allein in meiner Umgebung waren fast ausschließlich nicht AKPler davon betroffen und waren dann plötzlich gestresst. Sowie ausschließlich alle vermeintlich türkisch gelesenen Menschen in meinem Umfeld bei Rückreisen aus den Urlauben gerade von Grenzbeamten schikaniert werden. Weder Erdogan noch der AKP passiert was dabei. Die kriegen das nicht mal mit und interessieren sich nicht dafür.

Was bleibt ist aber ein grauslicher Beigeschmack, der nicht näher beschreibbar ist. Denn ich kann diesen Umstand, dass selbsternannte Antirassist_innen Erdogan als Ausrede verwenden, um gegen eine bestimmte Gruppe zu hetzen und mit bekennenden Rassist_innen kooperieren, nicht in Worte fassen. Denn am Ende ist nichts anderes passiert. Die Vorwürfe konnten nicht untermauert werden, es ist nichts weitergegangen und auch das Interesse ist offenbar verschwunden. Was ist passiert? Strache hat eine Liste erhalten, die er offenbar der Staatsanwaltschaft übergeben hat, selbst nicht AKPler stehen unter Verdacht (also nicht die von Pilz deklarierte Zielgruppe), irgendwie müssen sich nun alle türkischen Muslim_innen für die ATİB rechtfertigen und in ALLEN Gesprächen und Kommentaren, sowohl in der realen als auch der virtuellen Welt, wissen ALLE, die dich als türkisch lesen, dass du Erdoganist_in wärst, im Auftrag der ATİB bespitzeln würdest und eine Doppelstaatsbürger_in bist, der die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt gehört und die obendrein ausgewiesen werden sollte.

Ich hoffe nur, dass das alles aber auch eine Lehre für uns türkisch gelesenen Menschen ist. Denn unabhängig davon, ob wir sunnitisch, schiitisch oder alevitisch, türkisch, kurdisch, aramäisch oder lazisch oder nich viel mehr sein sollten, am Ende werden wir alle gleich gelesen, in einen Topf geworfen und gemeinsam gekocht.

Einmal mehr sollte uns das klar machen, dass auch wir uns über unsere eigenen Taten definieren sollten statt über Identitäten, die höchstens gegeneinander ausgespielt werden. Dazu sollten wir selber aufhören mit den Begriffen anderer, wie z.B. Terrorist_in oder Islamist_in, uns gegenseitig zu beschimpfen.

Mihrican Topal
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