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Die Ahmet Hamdi Akseki Moschee
Sevde Özdemir

Sie wurde 2013 in Ankara eröffnet und ist meines Erachtens im Gegensatz zu anderen modernen Moscheen einmalig in ihrer Ästhetik.
Mehmet Görmez, der scheidende Präsident des türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten, hat bei der Errichtung dieser Moschee die Architekten dazu angeordnet, den Frauenbereich dieser Moschee so einzigartig zu gestalten, dass Männer statt den Frauen dort beten möchten. Sein wichtigstes Anliegen während seiner fünfjährigen Amtszeit war es, den Frauen ihre zustehenden Plätze in den Moscheen wieder zu geben. Da es in vielen Moscheen leider anders aussieht, war es für mich umso wichtiger die Moschee zu besichtigen. Nicht nur an Frauen wurde gedacht, auch mobil beeinträchtigte Menschen können ohne Erschwernis die Moschee erreichen und alle Räume problemlos betreten. In einem Interview für „Habertürk“ erzählt Görmez: „Eine Frau auszugrenzen (engl. „othering“) nur aufgrund ihres Geschlechts, ist mindestens genauso schlimm, hat aber ein gefährlicheres Ausmaß genommen, als der Rassismus (…) Ich vertrete die Ansicht, dass sehr viele kulturelle Praktiken und Denkmuster das Frauen-Verständnis des Islam ins Negative verändert haben und wir uns so von der ursprünglichen islamischen Tradition entfernt haben. Zu Prophetenzeiten beteten Männer und Frauen gemeinsam in einem Raum. Die Frauen hinten und die Männer vorne. Als einmal zu einem religiösen Fest die Kapazitäten der Moschee nicht für die ganze Gemeinde reichten, verlegte der Prophet das Gebet auf einen anderen Ort in Medina, damit niemand die Frauen am Gebet hindern konnte. Es gab keine einzige Gebetszeit, auch kein Freitagsgebet, an denen Frauen nicht teilgenommen haben. Zu Zeiten Omars (r.a.) wollte jedoch der Enkel Omars seine Frau nicht zum Gebet schicken. Als der Sohn Omars dies erfuhr, ermahnte er seinen Sohn: „Hast du denn nicht den Propheten (s.a.v) sagen hören „Haltet die Frauen nicht von den Gebetsorten fern“? Als der Enkel weiterhin nicht auf ihn hören wollte, sprach der Vater lange Zeit nicht mehr mit seinem Sohn. Ich bin der Meinung, dass die Beziehung der Frauen zu den Moscheen eine verlorengegangene Sunnah (Handlungsweise des Propheten/überlieferte Norm) ist.“

Tatsächlich müssen wir uns die Frage stellen, warum an Veranstaltungen oder in Verbänden muslimische Frauen in der Mehrzahl sind, während sie in den Moscheen unterrepräsentiert sind. Ein wesentlicher Grund hierfür ist womöglich, dass sie sich in den isolierten, schlecht ausgestatteten Frauenräumen, wo sie den Imam nur durch Lautsprecher hören und keine Fragen stellen können, nicht willkommen fühlen. Durch zahlreiche Überlieferungen wissen wir aber, dass zu Zeiten des Propheten Frauen und Männer im selben Raum saßen und gemeinsam an Diskussionen teilnahmen. Wenn man sich die Moscheen in Mekka oder Jerusalem ansieht, so wird man auch feststellen, dass es keine abgesonderten Räume oder Trennwände gibt und, dass Männer und Frauen die Moschee durch den gleichen Eingang betreten. Das wirklich traurige an der ganzen Sache ist, dass sehr viele (auch junge) Muslime der Meinung sind, diese separaten Räume oder Wände würden zu den Selbstverständlichkeiten des Islam gehören oder ein Zeichen der Frömmigkeit sein. Viele Frauen nehmen diese Isolierung als eine Selbstverständlichkeit hin und würden niemals auf die Idee kommen, sie in Frage zu stellen.

Ein Scheich wurde einmal von einem Muslim gefragt, ob die Barrieren aus Stoff oder Holz, die die Frauen von den Männern trennen, eine religiöse Verpflichtung darstellten. Er antwortete in seiner Fatwa-Sammlung: „Sie sind weder eine Pflicht, noch eine Sunna, sondern eine Erneuerung (bid’a), die von jenen eingeführt wurde, die schlecht über Frauen denken, sogar, wenn sie regelmäßig zum Beten in die Moschee gehen.“ (Bd. 4, S. 365)

Was auf der Arbeit, in der Schule, beim Einkaufen eine Selbstverständlichkeit ist, wird beim Betreten der Moschee plötzlich zu einem Ding der Unmöglichkeit. Nicht selten macht man die Erfahrung, dass ein einfaches „Salam alaikum“ verwehrt wird oder der kurzatmigste Small-Talk mit dem anderen Geschlecht zu einem Problem wird. Je seltener die Gesichtsmuskulatur in Verwendung kommt und je unfreundlicher der Blick, desto frommer glaubt man zu sein. Haben wir das vom Propheten (s.a.v) gelernt, von dem überliefert ist, dass man seine Backenzähne sah, wenn er lachte?

Wäre es nicht angemessener, man bringt den Jugendlichen bei, wie sie in der Gemeinde mit Frauen, Männern, Älteren oder Angehörigen einer anderen Ethnie umgehen, anstatt Frauen, Männer etc. aus dem Blickfeld zu schaffen? Eine Freundin erklärte dies anhand eines sehr simplen Beispiels: Menemen. In der Türkei wird Menemen (türkische Eierspeise) häufig aus einem gemeinsamen Teller gegessen. Somit lernt man von Kindheit an, nur das zu essen, was vor einem ist und auch Rücksicht auf andere zu nehmen, damit jeder gleich viel zu Essen bekommt. Man könnte auch ganz einfach die Teller trennen, so wie man die Räume in den Moscheen trennt, doch dadurch lernt man die sozialen Umgangsformen/Tugenden nicht und verkrampft im Alltag vor einfachsten Situationen.

Ein wichtiger Schritt in dieser Thematik ist es, Bewusstsein zu schaffen. Viele Frauen nehmen diese Umstände als gegeben hin und trauen sich oft nicht Missstände anzusprechen. Männer hingegen machen häufig diese Erfahrungen in den Moscheen nicht. Sie wissen nicht, wie es ist, in kleinen, spärlich ausgestatteten Räumen beten zu müssen oder den Imam nicht sehen und manchmal auch nicht hören zu können. An Veranstaltungen, die in der Moschee stattfinden, machen sie nicht die Erfahrung keine Fragen stellen zu können, oder Zettel nach vorne reichen zu müssen. Wichtig wäre es, positive Beispiele aufzuzeigen, zu erforschen wie es tatsächlich zu Zeiten des Propheten war und die gegebenen Umstände in der Gemeinde zur Diskussion zu bringen.

Ich hoffe, dass die neue oberste islamische Autorität in der Türkei Görmez‘ Arbeit fortführen wird und die verlorengegangene Tradition wieder ihre Blüte erlebt.
Amin.

Das Interview auf Türkisch: http://www.haberturk.com/yasam/haber/1262166-diyanet-isleri-baskani-prof-mehmet-gormez-haberturke-konustu

Sevde Özdemir
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